Benutzer:Jan Agatz: Unterschied zwischen den Versionen

Aus FunFacts Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
(Modifizierte Dirichlet-Funktion hinzugefügt 1)
(Beweis der Unstetigkeit der modifizierten Dirichlet-Funktion in den rationalen Zahlen hinzugefügt.)
Zeile 28: Zeile 28:
 
Die Stetigkeit der Funktion [math]f_1[/math] lässt sich schnell mit einem einfachen [math]\epsilon[/math]-[math]\delta[/math]-Beweis zeigen, und die Stetigkeit der Funktionen [math]f_2, f_3, ...[/math] folgt, da diese als Kompositionen stetiger Funktionen bekannterweise selbst stetig sind.  
 
Die Stetigkeit der Funktion [math]f_1[/math] lässt sich schnell mit einem einfachen [math]\epsilon[/math]-[math]\delta[/math]-Beweis zeigen, und die Stetigkeit der Funktionen [math]f_2, f_3, ...[/math] folgt, da diese als Kompositionen stetiger Funktionen bekannterweise selbst stetig sind.  
  
Weiter gilt für jedes [math]n \in \mathbb{N}[/math] die Abschätzung [math]|f_n| \leq \left(\frac{1}{2}\right)^{2n - 1}[/math], womit aus der Konvergenz der Reihe [math]\sum_{n = 1}^{\infty}\left(\frac{1}{2}\right){2n - 1} \leq \sum_{n = 0}^{\infty}\left(\frac{1}{2}\right)^{n} = \frac{1}{1 - \left(\frac{1}{2}\right)} = 2[/math] und dem Majorantenkriterium von Weierstraß die gleichmäßige Konvergenz der Funktionenreihe [math]\sum_{n = 1}^{\infty}f_n[/math].
+
Weiter gilt für jedes [math]n \in \mathbb{N}[/math] die Abschätzung [math]|f_n| \leq \left(\frac{1}{2}\right)^{2n - 1}[/math], womit aus der Konvergenz der Reihe [math]\sum_{n = 1}^{\infty}\left(\frac{1}{2}\right)^{2n - 1} \leq \sum_{n = 0}^{\infty}\left(\frac{1}{2}\right)^{n} = \frac{1}{1 - \left(\frac{1}{2}\right)} = 2[/math] und dem Majorantenkriterium von Weierstraß die gleichmäßige Konvergenz der Funktionenreihe [math]\sum_{n = 1}^{\infty}f_n[/math].
  
 
Schließlich folgt die Stetigkeit der Weierstraß-Funktion aus der bekannten Aussage, dass gleichmäßig konvergente Funktionenreihen stetiger Funktionen selber stetig sind.
 
Schließlich folgt die Stetigkeit der Weierstraß-Funktion aus der bekannten Aussage, dass gleichmäßig konvergente Funktionenreihen stetiger Funktionen selber stetig sind.
  
=== Eine Funktion mit Unstetigkeitsstellen in [math]\mathbb{Q}[\math] ===
+
=== Die modifizierte Dirichlet-Funktion ===
Eine weitere interessante Funktion, die das intuitive Verständnis der Stetigkeit herausfordert ist die modifizierte Dirichlet-Funktion gegeben durch [math]g: \mathbb{R} \rightarrow \mathbb{R}, x \mapsto \begin{cases}\frac{1}{q} & x = \frac{p}{q} \in \mathbb{Q} \\ 0 & x \in \mathbb{R}\\mathbb{Q}\end{cases}[\math]
+
Eine weitere interessante Funktion, die das intuitive Verständnis der Stetigkeit herausfordert ist die modifizierte Dirichlet-Funktion, gegeben durch [math]g: \mathbb{R} \rightarrow \mathbb{R}, x \mapsto \begin{cases}\frac{1}{q} & \text{für } x = \frac{p}{q} \in \mathbb{Q} \\ 0 & \text{für } x \notin \mathbb{Q} \end{cases}[/math], welche in den rationalen Zahlen [math]\mathbb{Q}[/math] unstetig und in den irrationalen Zahlen [math]\mathbb{R}\setminus\mathbb{Q}[/math] stetig ist.
 +
 
 +
'''Beweis'''
 +
Wir zeigen zuerst die Unstetigkeit in den rationalen Zahlen. Dafür sei [math]x \in \mathbb{Q}[/math] eine beliebige rationale Zahl, sowie [math]p \in \mathbb{Z}, q \in \mathbb{N}[/math] die (eindeutigen) teilerfremden Zahlen, sodass [math]x = \frac{p}{q}[/math]. Damit gilt dann: [math]g(x_0) = \frac{1}{q}[/math].
 +
 
 +
Sei nun [math]0 \lt \epsilon \leq \frac{1}{q}[/math]. Es ist bekannt, dass für jedes [math]\delta \in \mathbb{R}_{\gt 0}[/math] unendlich viele (und damit auch mindestens eine) irrationale Zahlen in der Umgebung [math]U_\delta (x_0) = (x_0 - \delta, x_0 + \delta)[/math] liegen. Für eine beliebige irrationale Zahl [math]x \in U_\delta (x_0) \cap \mathbb{R}\setminus\mathbb{Q}[/math] gilt nun: [math]|f(x_0) - f(x)| = |\frac{1}{q} - 0| = \frac{1}{q} \geq \varepsilon[/math].
 +
 
 +
Da [math]\delta[/math] beliebig gewählt war, kann [math]g[/math] nicht stetig in [math]x_0[/math] sein. Da [math]x_0[/math] beliebig gewählt war, ist nirgendwo in [math]\mathbb{Q}[/math] stetig.
 +
 
 +
Nun zeigen wir, dass [math]g[/math] in den irrationalen Zahlen stetig ist. Sei dafür [math]x \in \mathbb{R}\setminus\mathbb{Q}[/math] eine beliebige irrationale Zahl und [math]\varepsilon \gt 0[/math].

Version vom 29. März 2021, 19:18 Uhr

Willkommen auf meiner Benutzerseite für das Wiki-Projekt "Fun Facts" der Uni Heidelberg!

Hier findet sich ein Prototyp meines Teiles des Wiki-Artikels Gegenbeispiele der Funktionentheorie und Analysis.

Motivation

Die Untersuchung von Gegenbeispielen lässt sich u.a. durch folgende drei Punkte motivieren:

  • Gegenbeispiele können naheliegende und intuitiv richtige Aussage, die tatsächlich nicht gelten, widerlegen. So zeigt die Weierstraß-Funktion (Intralink einfügen), dass Stetigkeit auf einem Intervall nicht Differenzierbarkeit in (irgend-)einem Punkt implizieren muss.
  • Weiter können diese beweisen, dass zwei Definitionen verschieden sind, und, je nach Situation, möglicherweise auch wodrin diese Unterschiede liegen. So zeigt die Indikatorfunktion der rationalen Zahlen (in den reellen Zahlen), die Lebesgue-integrierbar, aber nicht Riemann-integrierbar ist, dass diese beiden Definition der Integrierbarkeit/ des Integrals nicht zusammenfallen können.
  • Schließlich zeigen Gegenbeispiele, zu einer bestimmten Aussage, meist pathologische Sonderfälle auf, die durch geschickte Wahl der Definition und Voraussetzung der Aussage ausgeschlossen werden können.

Gegenbeispiele der Analysis

Neben der Funktionentheorie und der Topologie lassen sich auch in der Analysis viele Gegenbeispiele finden.

Die Weierstraß-Funktion

Die Weierstraß-Funktion [math]f:\mathbb{R} \rightarrow \mathbb{R}[/math] ist eine stetige Funktion, die jedoch auf keinem Intervall monoton und in keinem Punkt differenzierbar ist. Sie lässt sich sukzessiv definieren:

  1. Dafür betrachte man zuerst die Funktion [math]f_1: \mathbb{R} \rightarrow \mathbb{R}[/math], die für [math]x \in [-\frac{1}{2}, \frac{1}{2}][/math] durch [math]f_1(x) = |x|[/math] gegeben ist und auf [math]\mathbb{R}[/math] durch [math]f_1(x + k) = f_1(x)[/math] für [math]x \in \mathbb{R}[/math] und [math]n \in \mathbb{N}[/math] periodisch fortgesetzt wird.
  2. Weiter definiert man nun für jedes [math]n \in \mathbb{N}_{>1}[/math] und jedes [math]x \in \mathbb{R}[/math] : [math]f_n(x) := \frac{f_{1}(4^{n - 1} x)}{4^{n - 1}}[/math].
  3. Schließlich setzt man für jedes [math]x \in \mathbb{R}[/math]: [math]f(x):= \sum_{n = 1}^{\infty} f_n(x) = \sum_{n = 1}^{\infty} \frac{f_{1}(4^{n - 1} x)}{4^{n - 1}}[/math]

Nun zeigen wird, dass

  1. die Weierstraß-Funktion [math]f[/math] stetig ist.
  2. die Weierstraß-Funktion [math]f[/math] auf keinem Intervall monoton ist.
  3. die Weierstraß-Funktion [math]f[/math] in keinem Punkt differenzierbar ist.

Beweis der Aussage 1

Die Stetigkeit der Funktion [math]f_1[/math] lässt sich schnell mit einem einfachen [math]\epsilon[/math]-[math]\delta[/math]-Beweis zeigen, und die Stetigkeit der Funktionen [math]f_2, f_3, ...[/math] folgt, da diese als Kompositionen stetiger Funktionen bekannterweise selbst stetig sind.

Weiter gilt für jedes [math]n \in \mathbb{N}[/math] die Abschätzung [math]|f_n| \leq \left(\frac{1}{2}\right)^{2n - 1}[/math], womit aus der Konvergenz der Reihe [math]\sum_{n = 1}^{\infty}\left(\frac{1}{2}\right)^{2n - 1} \leq \sum_{n = 0}^{\infty}\left(\frac{1}{2}\right)^{n} = \frac{1}{1 - \left(\frac{1}{2}\right)} = 2[/math] und dem Majorantenkriterium von Weierstraß die gleichmäßige Konvergenz der Funktionenreihe [math]\sum_{n = 1}^{\infty}f_n[/math].

Schließlich folgt die Stetigkeit der Weierstraß-Funktion aus der bekannten Aussage, dass gleichmäßig konvergente Funktionenreihen stetiger Funktionen selber stetig sind.

Die modifizierte Dirichlet-Funktion

Eine weitere interessante Funktion, die das intuitive Verständnis der Stetigkeit herausfordert ist die modifizierte Dirichlet-Funktion, gegeben durch [math]g: \mathbb{R} \rightarrow \mathbb{R}, x \mapsto \begin{cases}\frac{1}{q} & \text{für } x = \frac{p}{q} \in \mathbb{Q} \\ 0 & \text{für } x \notin \mathbb{Q} \end{cases}[/math], welche in den rationalen Zahlen [math]\mathbb{Q}[/math] unstetig und in den irrationalen Zahlen [math]\mathbb{R}\setminus\mathbb{Q}[/math] stetig ist.

Beweis Wir zeigen zuerst die Unstetigkeit in den rationalen Zahlen. Dafür sei [math]x \in \mathbb{Q}[/math] eine beliebige rationale Zahl, sowie [math]p \in \mathbb{Z}, q \in \mathbb{N}[/math] die (eindeutigen) teilerfremden Zahlen, sodass [math]x = \frac{p}{q}[/math]. Damit gilt dann: [math]g(x_0) = \frac{1}{q}[/math].

Sei nun [math]0 \lt \epsilon \leq \frac{1}{q}[/math]. Es ist bekannt, dass für jedes [math]\delta \in \mathbb{R}_{\gt 0}[/math] unendlich viele (und damit auch mindestens eine) irrationale Zahlen in der Umgebung [math]U_\delta (x_0) = (x_0 - \delta, x_0 + \delta)[/math] liegen. Für eine beliebige irrationale Zahl [math]x \in U_\delta (x_0) \cap \mathbb{R}\setminus\mathbb{Q}[/math] gilt nun: [math]|f(x_0) - f(x)| = |\frac{1}{q} - 0| = \frac{1}{q} \geq \varepsilon[/math].

Da [math]\delta[/math] beliebig gewählt war, kann [math]g[/math] nicht stetig in [math]x_0[/math] sein. Da [math]x_0[/math] beliebig gewählt war, ist nirgendwo in [math]\mathbb{Q}[/math] stetig.

Nun zeigen wir, dass [math]g[/math] in den irrationalen Zahlen stetig ist. Sei dafür [math]x \in \mathbb{R}\setminus\mathbb{Q}[/math] eine beliebige irrationale Zahl und [math]\varepsilon \gt 0[/math].