Zauberwürfel: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 129: | Zeile 129: | ||
Jede mögliche Würfeldrehung ist dabei als Zusammensetzung von Verknüpfungen der genannten sechs Grundpermutationen <math>\{V,H,R,L,O,U\}</math> darstellbar. | Jede mögliche Würfeldrehung ist dabei als Zusammensetzung von Verknüpfungen der genannten sechs Grundpermutationen <math>\{V,H,R,L,O,U\}</math> darstellbar. | ||
− | Sei <math>G</math> die Menge aller möglichen Drehoperationen am Zauberwürfel. Mit der Verknüpfung <math>\circ: G \times G \rightarrow G </math> wird <math>G</math> eine Gruppe: | + | Sei <math>G</math> die Menge aller möglichen Drehoperationen am Zauberwürfel. Mit der Verknüpfung "<math>\circ</math>"<math>: G \times G \rightarrow G </math> wird <math>G</math> eine Gruppe: |
<ol style="list-style-type:lower-roman"> | <ol style="list-style-type:lower-roman"> | ||
<li>Die Abgeschlossenheit durch die Verknüpfung "<math>\circ</math>" der Gruppenelemente ist gegeben.</li> | <li>Die Abgeschlossenheit durch die Verknüpfung "<math>\circ</math>" der Gruppenelemente ist gegeben.</li> | ||
Zeile 173: | Zeile 173: | ||
===<big></big> Mögliche Untergruppen=== | ===<big></big> Mögliche Untergruppen=== | ||
− | Eine recht einfache Oberkategorie möglicher Untergruppen am Zauberwürfel ist durch die sogenannten zyklischen Untergruppen gegeben. Das sind jene Untergruppen, die sich nur aus einem einzigen <math>g \in G </math> und dessen Verknüfungen zusammensetzten. Ein Beispiel hierfür ist etwa die Teilmenge der Drehungen der oberen Würfelscheibe entgegen des mathematischen Uhrzeigersinns <math>\{O\} \subset G </math> mit der Verknüfung <math> | + | Eine recht einfache Oberkategorie möglicher Untergruppen am Zauberwürfel ist durch die sogenannten zyklischen Untergruppen gegeben. Das sind jene Untergruppen, die sich nur aus einem einzigen <math>g \in G </math> und dessen Verknüfungen zusammensetzten. Ein Beispiel hierfür ist etwa die Teilmenge der Drehungen der oberen Würfelscheibe entgegen des mathematischen Uhrzeigersinns <math>\{O\} \subset G </math> mit der Verknüfung "<math>\circ<math>". |
Das neutrale Element ist enthalten durch <math> e = O^4 \in (\{O\},\circ)</math> und somit gilt auch <math> O \circ O^{-1}=e \in (\{O\},\circ) </math>. | Das neutrale Element ist enthalten durch <math> e = O^4 \in (\{O\},\circ)</math> und somit gilt auch <math> O \circ O^{-1}=e \in (\{O\},\circ) </math>. |
Version vom 19. März 2021, 09:34 Uhr
Der Zauberwürfel ist ein Drehpuzzle in Würfelform. Durch ihn kann man sich die Symmetrische Gruppe anschaulich vorstellen und mit ihrer Hilfe Aussagen über die Lösbarkeit eines beliebigen Würfels treffen. Wie ein Scharfschütze.
Symmetrische Gruppe
Die Symmetrische Gruppe [math]S_n[/math] ist die Gruppe, die aus allen Permutationen (Vertauschungen) einer Menge besteht. Man bezeichnet [math] n \in ℕ [/math] den Grad der Gruppe (Anzahl der Elemente).
Der Operator in der symmetrischen Gruppe ist die Komposition (Hintereinanderausführung) der Permutationen.
Das neutrale Element der Gruppe ist die Identitätsabbildung, welche bewirkt, dass keine Permutation stattfindet.
Die symmetrische Gruppe [math]S_n[/math] ist endlich und besitzt die Ordnung [math]n![/math].
Für Grad [math]n\gt 2[/math] ist die [math]S_n[/math] nichtabelsch.
Zur Veranschaulichung folgt ein Beispiel anhand eines Bücherregals:
Zunächst führen wir die Anfangsaufstellung der Bücher ein.
Als nächstes wird die Permutation [math] \sigma [/math] auf die Aufstellung angewandt.
- [math] σ = \begin{pmatrix} 1 & 2 & 3 & 4 & 5 \\ 3 & 1 & 2 & 4 & 5 \end{pmatrix} [/math]
Zuletzt wird [math] \mu [/math] auf die bereits von σ permutierte Aufstellung angewandt. Hieraus ergibt sich für die Endaufstellung = [math] \sigma \circ \mu [/math]
- [math] μ = \begin{pmatrix} 1 & 2 & 3 & 4 & 5 \\ 4 & 3 & 5 & 1 & 2 \end{pmatrix} [/math]
Zykelschreibweise
Die Vertauschungen werden häufig in sogenannten "Zykeln" geschrieben. Dabei werden die Positionen die durch die Vertauschungen geändert werden hintereinander in eine Klammer geschrieben. Dementsprechend ist die Zykelschreibweise nicht eindeutig. ?Die klassische Notation ist in der Klammer aufsteigend?.
Die Zykelschreibweise von [math]\sigma[/math] wäre zum Beispiel:
- [math] \sigma = ( 1 ~ 2 ~ 3) (4) (5)[/math]
Dabei werden in der Notation die Zyklen <2 nicht mitgeschrieben.
Analog zu oben wäre die Schreibweise zu [math]\mu[/math] :
- [math] \mu = ( 1 ~ 4) (2 ~3 ~ 5)[/math]
Zu beachten ist hierbei, dass die Zykelschreibweise im generellen nicht kommutiert:
- [math] \sigma \circ \mu = ( 1 ~ 2 ~ 3) ( 1 ~ 4) (2 ~3 ~ 5)= (1 ~ 4 ~ 2)(3~5) [/math]
- [math] \mu \circ \sigma = ( 1 ~ 4) (2 ~3 ~ 5)( 1 ~ 2 ~ 3)= (1 ~ 3 ~ 4)(2~5) [/math]
- [math]\mapsto \sigma \circ \mu \neq \mu \circ \sigma [/math]
Nice to know: Disjunkte Zykel kommutieren
Signumsabbildung
Die Signumsabbildung ist eine surjektive Abbildung welche eine belibige Permutation auf [math] 1 [/math] oder [math] -1 [/math] abbildet. Dabei kann man die [math] 1 [/math] so interpretieren, dass die abgebildete Permutation eine grade Anzahl von Fehlstellen hat. Die [math] -1 [/math] zeigt somit eine ungerade Anzahl von Fehlstellen an.
Als Fehlstelle versteht man in diesem Kontext, dass ein Element welches vorher hinter einem anderen Element platziert war durch die Permutation vor das andere Element gezogen wurde. Ein Beispiel für eine Permutation mit einer Fehlstelle wäre:
- [math] \mu = ( 1 ~ 2 ~ 3) \longrightarrow sng(\mu) = -1 [/math]
In diesem Beispiel entsteht die Fehlstell dadurch, dass die [math] 3 [/math] "vor" die [math] 1 [/math] geschoben wird.
Für eine generelle Berechnung der Fehlstellen kann die Formel:
- [math]sgn(\pi) = \prod_{1 \leq i\lt j \leq n} \frac{\pi(j)-\pi(i)}{j-i}[/math]
genutzt werden.[1]
Die Abbildung : [math]sgn: S_n \mapsto \{ \pm 1 \}[/math] ist dabei ein Gruppenhomomorphismus.
Alternierende Gruppe
Die alternierende Gruppe vom Grad [math]n[/math] ist eine Untergruppe der symmetrischen Gruppe [math]S_n[/math]. Sie besteht aus allen geraden Permutationen einer [math]n[/math]-elementigen Menge.
Sie ist definiert als: [math]A_n[/math] := [math]\{\sigma \in S_n |sgn(\sigma)=1\} \subset S_n [/math].
Die Verknüpfung der alternierenden Gruppe ist, wie auch die der symmetrischen Gruppe, die Verkettung (Hintereinanderausführung) der Permutationen.
Lemma: [math]A_n[/math] wird erzeugt von Zykeln der Form [math](12i)[/math] mit [math]i \in \{3,...,n\}[/math] mit [math]n \geq 3[/math].
D.h. für jedes [math]\sigma \in A_n[/math] gibt es eine Darstellung [math]\sigma = (12i_1)(12i_2)...(12i_n)[/math] mit [math]i_1 ...i_n \in \{3,...,n\}[/math].
Anwendung auf den Zauberwürfel
Notation
Gruppeneigenschaften
Sowohl bei der Betrachtung der Würfelecken, als auch der Würfelkanten stellt, jede Drehung (jeweils entgegen des mathematischen Uhrzeigersinns) einer der Würfelscheiben eine zyklische Permutation dar, die als Element der symmetrischen Gruppe [math]S_8[/math] (für die Permutionen der Eckwürfelchen), oder [math]S_{12}[/math] (für die Permutationen der Kanten), aufgefasst werden kann. Jede mögliche Würfeldrehung ist dabei als Zusammensetzung von Verknüpfungen der genannten sechs Grundpermutationen [math]\{V,H,R,L,O,U\}[/math] darstellbar.
Sei [math]G[/math] die Menge aller möglichen Drehoperationen am Zauberwürfel. Mit der Verknüpfung "[math]\circ[/math]"[math]: G \times G \rightarrow G [/math] wird [math]G[/math] eine Gruppe:
- Die Abgeschlossenheit durch die Verknüpfung "[math]\circ[/math]" der Gruppenelemente ist gegeben.
- Da auf Elemente aus [math]S_n, n \in \{8,12\}[/math] zurückgegriffen wird, gilt das Assoziativgesetz.
- Das neutrale Element [math]e_n, n \in \{8,12\}[/math] ist die Nulloperation, also das Nicht-Verdrehen des Würfels, sodass gilt: [math]\forall g \in G g \circ e_n = e_n \circ g =p [/math]
- Es existiert ein eindeutiges Inverses [math]g^{-1}[/math]zu jedem [math] g \in G : g \circ g^{-1} = g^{-1} \circ g = e_n [/math]. Für die Grundpermutationen ist dies anschaulich jeweils die Rückdrehung im mathematischen Uhrzeigersinn.
Die Gruppe [math]G[/math] ist nicht abelsch; so ist beispielsweise [math]V \circ L \neq L \circ V [/math].
Ordnung
Die Ordnung der Gruppe G ergibt sich aus der Anzahl [math]\vert G \vert[/math] der möglichen Drehoperationen. Zu deren Bestimmung ist die natürliche Bijektion zwischen der Gruppe [math]G[/math] und der Menge aller möglichen, durch ein [math]g \in G[/math] erreichten, Würfelpositionen nützlich:
Die Würfelposition kann eindeutig durch den Positionsvektor [math](\rho, \sigma, x, y) \in S_8 \times S_12 \times (\mathbb{Z} / 3\mathbb{Z})^8 \times (\mathbb{Z} / 2\mathbb{Z})^{12} [/math] dargestellt werden. Dabei zeigt [math]\rho \in S_8[/math] die Permutation der Eckwürfelchen, [math]\sigma \in S_{12} [/math] die Permutation der Kanten, [math]x \in (\mathbb{Z} / 3\mathbb{Z})^8[/math] die Orientierung der Eckwürfelchen und [math]y \in (\mathbb{Z} / 2\mathbb{Z})^{12}[/math] die Orientierung der Kanten, jeweils ausgehend von der Grundstellung, an.
Eine Verknüpfung zweier Positionsvektoren [math](\rho, \sigma, x, y) [/math] und [math](\rho\ast, \sigma\ast, x\ast, y\ast) [/math] ergibt sich als [math](\rho, \sigma, x, y)(\rho\ast, \sigma\ast, x\ast, y\ast)= (\rho \rho\ast, \sigma \sigma\ast, x + \rho x\ast, y + \sigma y\ast) [/math]
Die Orientierungen sind dabei folgendermaßen definiert:
Für die Orientierung der Ecken wird die Tatsache verwendet, dass jeder Eckwürfel genau eine gelbe oder weiße Seite hat. Ist diese Seite auf der Deckenfläche (diese wird so gewählt, dass sich eine weiße oder gelbe Teilfläche (im Bild als grau dargestellt) auf der mittleren Position befindet) positioniert, so wird der Orientierung die Äquivalenzklasse der [math][0][/math] zugeordnet. Ist sie zur Seite orientiert, wird ihr die [math][1][/math] zugeordnet, und ist sie nach vorne orientiert, die [math][2][/math]. Wird dies für jedes der acht Eckwürfelchen [math]x_i, i \in \{1, \ldots, 8\}[/math]durchgeführt, erhält man den Orientierungsvektor [math]x=(x_1, \ldots, x_8) \in (\mathbb{Z} / 3\mathbb{Z})^8 [/math]. Dies wird an den folgenden Abbildungen ersichtlich:
Für die Orientierung der Kanten verwendet man, dass jede Kante zwei Farben aus zwei verschiedenen Farbgruppen [math]([/math]diese sind gelb/weiß [math](ge/w)[/math], grün/blau ([math](gr/b)[/math], rot/orange [math](r/o))[/math] besitzt. Stellt man die Farbauswahl als zyklische Permutation [math](ge / w \,\,\,\, gr / b \,\,\,\, r / o)[/math] dar, so kann man eine Auswahl für die beiden möglichen Orientierungen der Kante wie folgt treffen: Man vergleicht jeweils die Farben der Mittelwürfelchen und der direkt aufeinandertreffenden Seitenwürfelchen der Zauberwürfelseiten, zwischen denen die gewünschte Kante liegt. Anschließend bestimmt man, in welcher Richtung die dargebotene Farbkombination aus dem Zykel [math](ge / w \,\,\,\, gr / b \,\,\,\, r / o)[/math] hervorgeht und wählt dann jeweils das Feld der Farbe aus, auf die sich der Zykel richtet. Die so ausgewählten Felder werden nun miteinander verglichen: Liegen sie auf derselben Zauberwürfelseite, so entspricht die Orientierung der Äquivalenzklasse der [math][0][/math], liegen sie auf unterschiedlichen Seiten, so entspricht die Orientierung der [math][1][/math]. Dies wird anhand der folgenden Beispiele verdeutlicht:
Die Ordnung von [math]G[/math] ergibt sich nun aus der Anzahl der möglichen Positionen der Eckwürfel, der Kantenwürfel, sowie der möglichen Orientierungen der Ecken und Kanten und den Aspekten des Lösbarkeitssatzes als
[math]\vert G \vert = \frac{8!\cdot 12!\cdot 3^8\cdot 2^{12}}{2 \cdot 2 \cdot3} = 43\,\,\, 252\,\,\, 003\,\,\, 274\,\,\, 489\,\,\, 856\,\,\, 000 [/math]
Mögliche Untergruppen
Eine recht einfache Oberkategorie möglicher Untergruppen am Zauberwürfel ist durch die sogenannten zyklischen Untergruppen gegeben. Das sind jene Untergruppen, die sich nur aus einem einzigen [math]g \in G [/math] und dessen Verknüfungen zusammensetzten. Ein Beispiel hierfür ist etwa die Teilmenge der Drehungen der oberen Würfelscheibe entgegen des mathematischen Uhrzeigersinns [math]\{O\} \subset G [/math] mit der Verknüfung "[math]\circ\lt math\gt ". Das neutrale Element ist enthalten durch \lt math\gt e = O^4 \in (\{O\},\circ)[/math] und somit gilt auch [math] O \circ O^{-1}=e \in (\{O\},\circ) [/math].
Weitere Beispiele für Untergruppen sind die Orientierungserhaltende Untergruppe [math] G_1 := \{g=(\rho, \sigma, x, y) \in G| x=0, y=0\} [/math]
und die, nur die Orientierung ändernde, Untergruppe [math] G_2 := \{g=(\rho, \sigma, x, y) \in G| \rho=1, \sigma=1\} [/math]
Quellen
2. Christoph Bandelow: Inside rubik’s cube and beyond, Boston, 1982, ISBN 978-0-8176-3078-2