Euklidischer Algorithmus und Kettenbrüche
Diese Seite behandelt den simplen, aber zugleich genialen Euklidischen Algorithmus und wie dieser mit der Kettenbruchdarstellung rationaler und irrationaler Zahlen zusammenhängt.
Der Euklidische Algorithmus
Schon 300 vor Christus befasste sich Euklid in seinem berühmten Werk "Die Elemente" mit der Frage, wie man das größte gemeinsame Maß, also den größten gemeinsamen Teiler ([math] ggT [/math]) zweier Zahlen finden kann.
Er entwickelte dazu einen Algorithmus, der auf folgendem Lemma beruht:
Lemma: Es seien [math] a, b \in \mathbb{N} [/math] und [math] b \gt 0 [/math] mit
- [math] a = bq + r, \hspace{20pt} 0 \le r \lt b [/math]
Dann gilt:[math] \hspace{10pt} ggT(a, b) = ggT(b, r). [/math]
[math] a = bq + r [/math], also ist jeder gemeinsame Teiler von [math] b [/math] und [math] r [/math] auch ein Teiler von
[math] a [/math]. Stellt man die Gleichung nach [math] r [/math] um, erhält man [math] r = a - bq [/math] und somit ist jeder gemeinsame Teiler von [math] a [/math] und [math] b [/math] auch ein Teiler von [math] r [/math]. Die Zahlenpaare [math] (a, b) [/math] und [math] (b, r) [/math] haben also die gleichen gemeinsamen Teiler und somit auch den gleichen [math] ggT [/math]. |
Funktionsweise
Gesucht ist nun also der größte gemeinsame Teiler zweier ganzer Zahlen [math] a [/math] und [math] b [/math]. Der Algorithmus funktioniert wie folgt:
- Teile [math] a [/math] durch [math] b [/math] und erhalten den Rest [math] r [/math].
- Ist [math] r = 0 [/math], ist a ohne Rest durch b teilbar und es gilt [math] ggT(a, b) = b [/math]. Ist [math] r \neq 0 [/math], ersetze [math] a [/math] durch [math] b [/math] und wiederhole Schritt 1.
- Führe die Schritte solange durch, bis [math] \text{Rest} \hspace{2pt} 0 [/math] bleibt.
Der letzte Rest, der von [math] 0 [/math] verschieden ist, ist der größte gemeinsame Teiler von [math] a [/math] und [math] b [/math].
Gesucht ist der [math] ggT [/math] von [math] 22 [/math] und [math] 16 [/math] | |||||||||||||||||||||||||||||||||||
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1. [math] \dfrac{22}{16} = 1 \hspace{2pt} \text{Rest} \hspace{2pt} 6 \lt math\gt
2. Rest ungleich 0 =\gt Schritt 1
3. 16/6 = 2, Rest 4
4. 6/4 = 1, Rest 2
5. 4/2 = 2, Rest 0
=\gt Der größte gemeinsame Teiler von 22 und 16 ist 2.
|}
=Kettenbrüche und ihre geometrische Anschauung=
Bevor nun ein Zusammenhang zwischen dem Euklidischen Algorithmus und Kettenbrüchen hergestellt werden kann, sollten zuerst ein paar Grundlegende Konzepte mit Notation eingeführt
werden.
Ein (unendlicher\lt sup\gt (1)\lt /sup\gt /endlicher\lt sup\gt (2)\lt /sup\gt ) \lt b\gt Kettenbruch\lt /b\gt ist generell ein Konstrukt der Form:
\lt math\gt \hspace{10pt} [/math]
[math] a_0 + \dfrac{b_1}{a_1 + \dfrac{b_2}{a_2 + \dfrac{b_3}{ \hspace{10pt} \ddots }}} \hspace{12pt} (1) [/math] [math] \hspace{10pt} [/math] oder [math] \hspace{10pt} [/math] [math] a_0 + \dfrac{b_1}{a_1 + \dfrac{b_2}{ a_{n-2} + \dfrac{\ddots}{ \hspace{10pt} a_{n-1} + \dfrac{b_n}{a_n}}}} \hspace{12pt} (2) [/math] [math] \hspace{10pt} [/math] [math] \hspace{10pt} [/math] mit [math] \hspace{20pt} a_i, b_j \in \mathbb{Z} \hspace{12pt} i \in \mathbb{N}_0 \hspace{12pt} j \in \mathbb{N}. [/math] In unseren Beispielen reicht es jedoch aus, lediglich reguläre Kettenbrüche zu betrachten. Diese haben die Form: [math] \hspace{10pt} [/math] [math] a_0 + \dfrac{1}{a_1 + \dfrac{1}{a_2 + \dfrac{1}{ \hspace{10pt} \ddots }}} \hspace{12pt} (a) [/math] [math] \hspace{10pt} [/math] oder [math] \hspace{10pt} [/math] [math] a_0 + \dfrac{1}{a_1 + \dfrac{1}{ a_{n-2} + \dfrac{\ddots}{ \hspace{10pt} a_{n-1} + \dfrac{1}{a_n}}}} \hspace{12pt} (b) [/math] [math] \hspace{10pt} [/math] [math] \hspace{10pt} [/math] mit [math] \hspace{20pt} a_0 \in \mathbb{Z} \hspace{12pt} a_i \in \mathbb{N} \hspace{12pt} i \in \mathbb{N}. [/math] Wie man erkennen kann, ist ein regulärer Kettenbruch somit durch seine Koeffizienten [math] a_0 [/math] und [math] a_i [/math] eindeutig gegeben. Die gängige Notation für diese Art von Kettenbruch ist wie folgt:
[math][/math] Kettenbruchdarstellung rationaler Zahlen [1]Satz: Eine reelle Zahl ist genau dann rational, wenn sie sich als endlichen Kettenbruch darstellen lässt.
BeispielAls Beispiel betrachte [math] p = - \dfrac{34}{9} [/math]. Kettenbruchdarstellungen irrationaler ZahlenWie im vorigen Abschnitt gezeigt, haben irrationale Zahlen unendliche Kettenbruchdarstellungen. Dabei gilt, dass der Wert eines unendlichen Kettenbruchs der Form [math] \left\lt a_0; a_1, a_2, \dots \right\gt [/math] festgelegt ist, als[2] [math] \lim \limits_{n \to \infty} \left\lt a_0; a_1, \dots, a_n \right\gt [/math] Im folgenden betrachten wir einige Beispiele solcher Kettenbruchdarstellungen: Beweis für die Irrationalität von [math] \sqrt{10} [/math]Wir wissen, dass eine Zahl genau dann rational ist, wenn ihre Kettenbruchdarstellung endlich ist. Daher können wir zeigen, ob eine Zahl rational ist, indem wir ihre Kettenbruchdarstellung berechnen. [math] \begin{align} \sqrt{10} &= 3 + (\sqrt{10} - 3) = 3 + \dfrac{(\sqrt{10} - 3)(\sqrt{10} + 3)}{3 + \sqrt{10}} = 3 + \dfrac{1}{3 + \sqrt{10}} \\ \\ &= 3 + \dfrac{1}{3+3+\dfrac{1} {3 + \sqrt{10}}} = 3 + \dfrac{1}{6+\dfrac{1} {3 + \sqrt{10}}} \\ \\ &= 3 + \dfrac{1}{6+\dfrac{1} {6 + \dfrac{1} {3 + \sqrt{10}}}} \\ \\ &= 3 + \dfrac{1}{6+\dfrac{1} {6 + \dfrac{1} {6 + \dfrac{1} {\hspace{10pt} \ddots}}}} \end{align} [/math]
Berechnung des Wertes eines periodischen KettenbruchsSei [math] \xi [/math] eine reelle Zahl gegeben durch [math] \: \xi := 4 + \dfrac{1}{1+\dfrac{1}{2+\dfrac{1}{3+\dfrac{1}{2+\dfrac{1}{3+\dfrac{1}{2+\dfrac{1}{\hspace{10pt} \ddots}}}}}}} [/math]
[math] \: \xi \approx 4 + \dfrac{1}{1+\dfrac{1}{2+\dfrac{1}{3}}} = \dfrac{47}{10} [/math]
[math] \theta := 2+\dfrac{1}{3+\dfrac{1}{2+\dfrac{1}{3+\dfrac{1}{2+\dfrac{1}{\hspace{10pt} \ddots}}}}} [/math]
[math] \Rightarrow \xi = 4 + \dfrac{1}{1+\dfrac{1}{\theta}} = 4 + \dfrac{\theta}{1 + \theta} = 4 + \dfrac{3 + \sqrt{15}}{6 + \sqrt{15}} = 4 + \dfrac{1 + \sqrt{15}}{7} = \dfrac{29 + \sqrt{15}}{7} [/math] Kettenbruchdarstellung von [math] \pi [/math][math] \pi[/math][4][math] = 3+\dfrac{1}{7+\dfrac{1}{15+\dfrac{1}{1+\dfrac{1}{292+\dfrac{1}{1+{\dfrac{1}{\hspace{10pt} \ddots}}}}}}} [/math] Da wir den Wert von [math] \pi [/math] kennen, können wir es als regulären Kettenbruch entwickeln. Werten wir dessen Partialbrüche aus, sehen wir, dass sie eine gute Annäherung an [math] \pi [/math] liefern.
Da [math] \pi [/math] irrational ist und bisher keine Muster in dessen regulärem Kettenbruch gefunden wurden, können wir nur endliche Partialbrüche von diesem berechnen. Wenn wir uns aber nicht auf reguläre Kettenbrüche beschränken, gibt es Kettenbrüche von [math] \pi [/math], die Muster enthalten.[5] So zeigte Johann Heinrich Lambert: [math] \dfrac{4}{\pi}=1+\dfrac{1^2}{3+\dfrac{2^2}{5+\dfrac{3^2}{7+\dfrac{4^2}{9+\dfrac{5^2}{11+\dfrac{1}{\hspace{10pt} \ddots}}}}}} [/math] Von Leonhard Euler stammt: [math] \pi= 1+\dfrac{1^2}{6+\dfrac{3^2}{6+\dfrac{5^2}{6+\dfrac{7^2}{6+\dfrac{9^2}{6+\dfrac{11^2}{\hspace{10pt} \ddots}}}}}} [/math] Siehe auchEinzelnachweise
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