Hyperbolische Geometrie und Physik - Der Minkowski-Raum

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Der Minkowski-Raum

Der Minkowski-Raum ist eines der wichtigsten Mittel zur Darstellung der Relativitätstheorie und deren Beschreibung von Raum und Zeit, da diese die Beschränkungen des Euklidischen Raums überschreitet.

In der Differentialgeometrie werden Minkowski-Räume als Vektorräume der Dimension n+1 mit einer symmetrischen Bilinearform der Signatur (n,1) betrachtet, wohingegen in der Physik hauptsächlich der vierdimensionale Fall behandelt wird. Dieser besitzt die drei Koordinaten des Euklidischen Raums und fügt eine vierte für die Zeit ein, wodurch er zu einer vierdimensionalen Mannigfaltigkeit wird. [1][2]

Der Minkowski-Raum modelliert die Raumzeit mit einem 4-dimensionalen Vektorraum, auf dem eine Bilinearform definiert wird und der eine konsistente Beschreibung von Relativbewegungen bei invarianter Lichtgeschwindigkeit erlaubt.

Der Einfachheit halber werden hier hauptsächlich die vier am häufigsten benuzten Modellen (Beltrami-Klein, Poincaré Kreisscheibe, Poincaré Halbebene, Lorentz oder hyperboloid) das hyperboloid Modell mit vier Dimensionen als Pseudo-Euklidischer Raum (endlich-dimensional mit nicht-ausgearteter quadratischer Form) angeführt. Dieser ist anschaulich gut zu verstehen und nimmt die intuitive Vorstellung der Geometrie auf, was den Zugang erleichtert.

Mathematische Struktur

Definition

Die Minkowski-Raumzeit ist ein 4-dimensionaler reeller Vektorraum [math]\mathcal{M}[/math] mit einer indefiniten, nicht-ausgearteten, symmetrischen Bilinearform [math]g[/math] mit Signatur (3,1).[3][4]

Auf [math]\mathcal{M}[/math] ist das Lorentzsche innere Produkt [math]g(x,y) := -x^0y^0+\sum_{i=1}^nx^iy^i[/math]. [5] In der 4-dimensionalen Minkowski-Raumzeit ist also [math]g(x,y) = - x^0 y^0 + x^1 y^1 + x^2 y^2 + x^3 y^3[/math] und wird dort Minkowski Bilinearform genannt.

Ebenfalls ist es möglich, die Bilinearform als Wirkung des metrischen Tensors

[math]\eta_{\mu,\nu} = \begin{pmatrix}-1&0&0&0\\0&1&0&0\\0&0&1&0\\0&0&0&1\end{pmatrix}[/math]

auf einer Mannigfaltigkeit aufzufassen, wobei [math]\eta[/math] als Tensor einer Pseudo-euklidischen Metrik der Lorentz'schen Mannigfaltigkeit agiert:[2]

[math]g(x,y)\;\hat{=}\;\eta^{\mu\nu}x_\mu y_\nu[/math].

Da das Lorentzsche innere Produkt nicht positiv definit ist, gibt es nicht-triviale Vektoren [math]v[/math] in [math]\mathcal{M}[/math], die [math]g(v,v) = 0[/math] erfüllen. Diese heißen lichtartig und [math]\mathcal{M}[/math] besitzt eine Basis aus solchen lichtartigen Vektoren, welche jedoch nie orthogonal ist.

Die Konvention der Signatur [math](-,+,+,+)[/math] der Metrik ist nicht festgeschrieben, in anderen Anwendungsbereichen als der Relativitätstheorie wird ebenfalls [math](+,-,-,-)[/math] verwendet.

Geometrie und Hyperboloid-Modell

Der Minkowski Raum kann nicht mit der euklidischen riemannschen Geometrie ausgestatten werden, da die Minkowski-Metrik indefinit ist.

Insbesondere ist der Minkowski Raum selbst kein metrischer Raum und keine Riemannsche Mannigfaltigkeit sonst nur eine pseudo-riemannische Mannifaltigkeit. Allerdings enthält er Untermannigfaltigkeiten, die mit einer riemannschen Metrik und hyperbolischen Geometrie ausgestattet werden können.[1]

Hier soll das speziellere Hyperboloidmodell für den hyperbolischen Raum erläutert werden, das als Hyperfläche im Minkowski-Raum definiert ist.

Es wird zur Visualisierung der Minkowski Raum [math]\mathcal{M^3}[/math] angenommen, das 3-dimensionale Äquivalent von [math]\mathcal{M}\;(=\mathcal{M^n}, \; n\in \mathbb{N})[/math].

Für viele Anwendungen ist der Hyperboloidmodell des hyperbolischen Raums das geeignetste, da es alle relevanten geometrischen Eigenschaften aufzeigt: die riemannsche Metrik der Untermannigfaltigkeiten, Geodäten, die Abstandsfunktion und die Krümmung.

Konstruktion

Der Ansatz zum Diskussion dieses Modells beginnt mit der Aufbau der hyperbolischen Ebene [math]H[/math](zwei Dimensionale Hyperboloid).

Um [math]H[/math] zu konstruiren wälen wir die folgende quadratische Form:

[math]g((x,y,z))=x^2+y^2-z^2=[x,y,z]\begin{vmatrix} 1 & 0 & 0 \\ 0 & 1 & 0 \\ 0 & 0 & -1 \end{vmatrix}[x,y,z]^t[/math].

Mithilfe dieser Funktion können wir einen Hyperboloid als folgende Niveaumenge definieren :

[math]H=\left \{ {(x,y,z)\;\in\;\mathcal{M^3}\; \mid\;g(x,y,z)=-1\;\wedge\; x\gt 0} \right \}[/math].

Außerdem ist [math]H[/math] mit der hyperbolischen Geometrie versehen und invariant bei Drehungen um die 𝑧-Achse wie auch bei Reflexionen an der vertikalen Ebene durch den Ursprung.

Analytische Eigenschaften

Hyperboloid [math]H[/math]
Kegel und Hyperbolid

[math]H[/math] besitzt zwei Zusammenhangskomponenten, [math]H+[/math] und [math]H-[/math], die als oberes und unteres Blatt bezeichnet werden. Die Schnittpunkte der beiden mit einer vertikalen Ebene bilden eine Hyperbel.

Geodäte auf [math]H+[/math]

Das obere Blatt dieses Hyperboloids kann mit den hyperbolisch-trigonometrischen Funktionen parametrisiert werden, wie es oft in der Physik geschieht:

[math]x(u,v)=sinh(u) cos(v), \; y(u,v)=sinh(u) cos(v), \; z(u,v)=cosh(u)[/math]

Das Hyperboloid-Modell besteht aus dem oberen Blatt der Hyperbel [math]H+[/math] mit der Riemannschen Metrik, die von der Minkowski-Bilinearform induziert wird.

Dieses Hyperboloid, [math]H+[/math], selbst ist asymptotisch zum (Licht-)kegel [math]𝑥^2 + 𝑦^2 - 𝑧^2 = 0[/math] .

Eine Geodäte ("Gerade" als kürzeste Verbindung) zwischen zwei Punkten [math]𝑝[/math] und [math]𝑞[/math] in [math]H+[/math]st definiert als Schnittmenge zwischen der Ebene, die durch den Ursprung sowie [math]𝑝[/math] und [math]𝑞[/math] geht und des Hyperboloids selbst. Diese "Geraden", die auf dem Hyperboloid liegen, können auf eine Scheibe in der x-y-Ebene projeziert werden und damit erhält man das Poincaré-Scheiben-Modell der hyperbolischen Geometrie.

Poincaré Disk Model

Der Abstand zwischen zwei beliebigen Punkten [math]𝑝[/math] und [math]𝑞[/math] in [math]H+ [/math] ist auch mit hyperbolisch-trigonometrischen Funktionen gegeben:

[math]d(p,q)=arcosh(\mathbf{p}\cdot\mathbf{q} )[/math][6]

Ein weiteres relevantes Merkmal dieses Modells ist, dass obwohl in [math]\mathbb{R^3}[/math] das Hyperboloid positive Gaußsche Krümmung hat, die Tatsache, dass es innerhalb des Minkowski-Raums liegt, schickt eine negative Gaußsche Krümmung von -1.[6]

Anwendung in der Physik

Wahrnehmung eines Ereignisses vom unbewegten und mit v=0,6c bewegten Beobachter

Die Punkte in [math]\mathcal{M}[/math] werden Ereignisse genannt und man kann ihnen nach Wahl eines Inertialsystems einen relativen Zeitpunkt und Ort zuweisen (ein Inertialsystem ist ein unbeschleunigtes Bezugssystem).

Hierbei nimmt die Zeit die 0. Koordinate ein während die restlichen Koordinaten (normalerweise 3) die räumlichen sind, sodass [math] x=(t,x_1,x_2,x_3)[/math].

In relativistischer Physik werden Längen, vergehende Zeit und Geschwindigkeiten von Beobachtern, die sich relativ zueinander unterschiedlich schnell bewegen, unterschiedlich wahrgenommen. Graphisch stellt man dies in einem Minkowski-Diagramm dar, welches zur Vereinfachung nur eine Zeit und eine x-Achse hat.

Die Skalierung ist so gewählt, dass Lichtgeschwindigkeit einer Steigung von 1 entspricht. Der Beobachter dieses Systems ist hierbei immer bei [math] x=0 [/math] . Ein zweiter Beobachter, der den Ursprung durchquert und sich mit einer Geschwindigkeit [math] v [/math] relativ zum ersten Beobachter bewegt wird durch neue Achsen [math] x' [/math] und [math] ct' [/math] dargestellt.

Für den Winkel zwischen den Achsen der beiden Beobachter gilt: [math] \tan(\alpha)=\frac{v}{c} [/math]

Das Maß der Achsen des bewegten Beobachters wird um [math] \frac{\sqrt{1+\left(\frac{v}{c}\right)^2}}{\sqrt{1-\left(\frac{v}{c}\right)^2}} [/math] skaliert.

Ereignisse auf einer Geraden parallel zur x'-Achse nimmt der bewegte Beobachter als gleichzeitig wahr, Ereignisse auf einer Geraden parallel zur ct'-Achse als gleichweit entfernt.[7]

Dadurch interpretieren sie z.B. den Zeitpunkt desselben Ereignisses unterschiedlich voneinander. Ereignisse auf dem Lichtkegel des Ursprungsereignisses und die Lichtgeschwindigkeit nimmt jedoch jeder Beobachter gleich wahr.[8]

Beide Beobachter nehmen das Ereigniss auf dem Lichtkegel gleich wahr

Eine Lorentz-Transformation erlaubt es rechnerisch vom Inertialsystem (ein gleichmäßig bewegtes Bezugssystem) des ersten zu dem des zweiten Beobachters überzugehen. Dazu definiert man [math] \beta = \frac{v}{c} [/math] und den Lorentz-Faktor [math] \gamma=\frac{1}{\sqrt{1-\beta^2}} [/math]

Dann ist [math] x'=\gamma(x-\beta\cdot ct) [/math]und [math] ct'=\gamma(ct-\beta \cdot x) [/math][9].

Die Darstellungsmatrizen allgemeiner Lorentztransformationen höherer Raumdimensionen haben z.B. die Form [math] A=\begin{pmatrix} 1&0\\ 0&B\\ \end{pmatrix} [/math], wobei [math] B\in O(n) [/math] eine orthogonale Matrix ist.

Übergänge zwischen Inertialsystemen, die bei t=0 übereinstimmen, sogenannte Lorentz-Boosts, haben die Form

[math] A=\begin{pmatrix} \cosh(\phi)&\sinh(\phi)&0\\ \sinh(\phi)&\cosh(\phi)&0\\ 0&0&E_{n-1} \end{pmatrix} [/math] [10],

wobei [math] \phi\in\mathbb{R} [/math] und [math] E [/math] die Einheitsmatrix ist. Unter allgemeinen Lorentz-Transformationen bleibt die Minkowski-Bilinearform invariant.

Zeitwahrnehmung im Minkowski-Diagramm: Aus Sicht des unbewegten Beobachters ist bei Ereignis E schon mehr Zeit vergangen als beim bewegten Beobachter

Der Licht-Doppelkegel teilt den Minkowskiraum in drei Teile: Die Vektoren/Ereignisse im Inneren des Doppelkegels heißen zeitartig, für sie ist [math] g(x,x)\lt 0 [/math], die Vektoren/Ereignisse am Rand des Lichtkegels heißen lichtartig, für sie ist [math] g(x,x)=0 [/math].

Diese beiden bilden zusammen die sogenannten kausalen Vektoren/Ereignisse, sie können Einfluss auf das Ereignis im Ursprung haben oder von ihm beeinflusst werden.

Das hängt davon ab ob sie zur kausalen Vergangenheit ([math] t\lt 0 [/math]) oder Zukunft ([math] t\gt 0 [/math]) gehören.

Die Vektoren/Ereignisse, die sich außerhalb des Licht-Doppelkegels befinden heißen Raumartig, für sie ist [math] g(x,x)\gt 0 [/math]. Sie sind nicht kausal (manchmal ist auch der Ursprung als Raumartig definiert).

Da die Minkowski-Bilinearform invariant ist, ist auch die Kausalität unter Lorentz-Transformationen erhalten.

Einzelnachweise und Quellen

letzter Zugriff für alle: 19.09.2021

Autoren

Lela Eigenrauch, Henry Bertels, Elia Fiammengo, Falk Loewner